Schlicht unglaublich! Eine sensationelle Saisonleistung im Jahr des Generationenwechsels wird nicht belohnt.

Es ist schlicht unglaublich: Im Duell gegen die RR Brunnen am Samstagabend gewinnen die Sensler dank einer weiteren sensationellen Leistung sechs der zehn Begegnungen und gehen trotzdem als Verlierer von der Matte. Drei von vier Mannschaften haben nach den damit nun absolvierten sechs Hin- und Rückrundenmatches acht Punkte auf dem Tableau. Die Taschenrechner und Reglemente müssen bemüht werden: Die RS Sense wird hinter der RR Brunnen und dem RC Oberriet-Grabs "nur" Dritter. Hängende Köpfe in Schmitten.

Die Worte drangen vermutlich kaum bis in die enttäuschten Sportlerseelen vor, doch Präsident Robin Pietschmann rief nach diesem denkwürdigen Ringerabend der Equipe der RS Sense zu: "Ihr könnt stolz sein und hier heute mit erhobenem Kopf rausgehen!". Kaum jemand, auch aus den gegnerischen Lagern, wird da widersprechen. Wer aus sechs Begegnungen vier gewinnt und damit jeden Konkurrenten mindestens einmal bezwungen hat und wer im direkten Vergleich, wie gegen die RR Brunnen, von 20 Matches 11 für sich entscheidet; der sollte am Ende zu den Gewinnern gehören. Die Konstellation in der WINFORCE Challenge League Ost in diesem Jahr hat jedoch ein anderes Drehbuch vorgesehen. Die RS Sense findet sich auf dem dritten Rang wieder. Wohlgemerkt punktgleich mit der RR Brunnen und dem RC Oberriet-Grabs.

 

Die Entscheidung brachte das Duell gegen die RR Brunnen an diesem Samstagabend in Schmitten. Die Ausgangslage war nicht schlecht. Die RS Sense führt das Tableau mit 8 Punkten vor den beiden Mitbewerbern um den Spitzenplatz an. Ein Sieg gegen die starken Brunner wäre nach dem Motto "Flucht nach vorne" die sichere Rettung gewesen. Aber allen war klar, dass dies eine Mammutaufgabe werden würde. Auf der anderen Seite war in Brunnen und in Oberriet klar: Wenn Sense verliert, muss gerechnet werden. Denn bei Punktgleichheit zwischen mehreren Mannschaften zählt zunächst der direkte Vergleich der beiden direkten Begegnungen. Ein Kriterium, bei dem die RS Sense durch zwei knappe Siege in der Hinrunde kaum bestehen konnte. 

 

Auf Rechenspielchen wollte sich im Sensler Lager jedoch niemand einlassen. Die Mission "Sieg" war klar in den Köpfen und die Mannschaft top eingestellt, als es um 20.00 Uhr pünktlich in den alles entscheidenden Match ging.

 

Den Auftakt machte das sechste Mal in Folge Ronan Feyer. Im Gewicht bis 57kg konnte er gegen den Brunner Jamshidi einen 16:4 Punktesieg verzeichnen. Der Auftakt war somit geglückt. In einem wahren Abnutzungskampf folgte Michael Nydegger dem Beispiel des Youngstars und bezwang seinen Gegner Ruedi Appert im Schwergewicht bis 130kg mit einem 5:3 Punktesieg. Der Auftakt schien komplett geglückt, als Jan Faller mit einem nervenaufreibenden Defensiv-Feuerwerk, doch auch genügend eigenen Angriffen, einen knappen 8:5 Punktesieg gegen Sulayman Quraishi einfahren konnte. Drei Siege in Folge zum Einstieg. Was sich zunächst hervorragend anhört, machte auf der Anzeigetafel trotzdem nur eine knappe 7:3 Führung für die Sensler aus. Da es sich "nur" um Punktesiege handelte und die Gegner durch einzelne Wertungspunkte auch Mannschaftspunkte sammelten, war der Wert dieser drei Siege eben nur eine knapp vier-Punkte-Führung.

 

Wie schnell dieser Vorsprung dahinschmelzen kann, mussten die Sensler leider schmerzlich im nächsten Duell zwischen Pascal Sperisen und dem brunner Nationalkaderathleten Christian Zemp erfahren. Im griechisch-römischen Stil bis 97kg dauerte es nur etwas eine halbe Minute bis Pascal Sperisen trotz massiver Gegenwehr und einer tollen kämpferischen Leistung am Boden die Schulterniederlage nicht abwenden konnte. Ausgleich: 7:7; einen Kampf vor der Pause. Es folgte ein wahrer Krimi: Der Sensler Fuat Arslan traf auf Maithem Abd al Sada, ebenfalls Nationalkaderathlet. Bis zur Halbzeit sammelte sich aus Sicht von Fuat ein 0:9 Punkterückstand an. Nicht alle Zuschauer in der Halle hatten zu diesem Zeitpunkt noch den Glauben an ein Comeback. Doch Arslan konnte die Skeptiker überzeugen. Durch engagierte Aktionen konnte er den deutlichen Rückstand in eine zwischenzeitliche 14:9 Führung drehen. Es folgte ein offener Schlagabtausch, der sich im Gefecht in die Bodenlage verlagerte. Dort spielte der Brunner seine Stärken aus und fügte mit zahlreichen Druchdrehern dem Sensler zahlreiche Gegenpunkte zu, bevor er beim Stand von 25:16 seine Chance nutze, Arslan auf den Rücken zu legen. Erneut: Schulterniederlage. Trotz 3:2 gewonnenen Matches stand es damit zur Pause 7:11 zu Gunsten der Brunner.  

Nach der Pause war damit klar, dass die letzten fünf Begegnungen die Entscheidung bringen mussten. Es sollte ein emotionales Auf- und Ab auf beiden Seiten werden. Den ersten Beitrag zu einem noch möglichen guten Ausgang für die RS Sense leistete Benno Jungo. Sein Sieg über Alexander Büeler mit 11:3 Punkten brachte die RS Sense wieder auf ein 10:12 heran. Doch die Gefühlsachterbahn hatte gerade erst Fahrt aufgenommen. David Schneuwly hielt zwar stark gegen seinen Kontrahenten Morteda Abd al Sada dagegen, konnte am Ende jedoch eine Schulterniederlage nicht abwenden. 10:16 nach Mannschaftspunkten drei Begegnungen vor Schluss und damit das erste Mal Matchball für die RR Brunnen.

 

Diesen Matchball wehrte Matthias Käser in einem Kampf - im wahren Sinne des Wortes - ab. Das im Duell bis 79kg (Greco) beide Kontrahenten unbedingt gewinnen wollten, war schnell zu sehen. Durch eine grobe Unsportlichkeit (Kopfstoss) des Brunners Beat Theiler lag sogar kurz dessen Disqualifikation in der Luft. Doch der Kampf lief weiter und Punktegewinne auf beiden Seiten führten zum zwischenzeitlichen 6:6. Dann kam der Moment von Matthias Käser. Erbarmungslos fixierte er seinen Gegner am Boden und hauchte den Senslern mit seinem sensationellen Schultersieg neue Hoffnung im Hinblick auf einen Triumph gegen die RR Brunnen ein. Beim Stand von 14:16 und noch zwei ausstehenden Begegnungen war trotzdem klar, dass die RR Brunnen die vorzeitige Entscheidung herbeiführen konnte.

 

Was unbedingt zu verhindern war, trat leider ein. Der in dieser Saison überragend kämpfende Jonas Schwaller traf auf den erfahrenen Thomas von Euw. Trotz seinem beeindruckenden Bemühen nach Kräften von Schwaller liess der Routinier aus Brunnen keine Zweifel aufkommen, wer diesen Kampf gewinnen würde. Beim Stand von 0:8 aus Sicht der Sensler beendete er den Kampf per Schultersieg und liess damit auf Seiten der Brunner alle Dämme brechen. Der Sieg über die RS Sense stand fest und somit auch das von den Freiburgern befürchtete Szenario.

 

Das letzte Duell des Abends fand damit nur noch unter dem Aspekt der Ergebniskosmetik statt. Gleichwohl war es weit mehr als das. Der "Altmeister" - im positiven Sinne - Christoph Feyer hatte sich für diesen wichtigen Match nochmals bereit erklärt die Mannschaft zu unterstützen. Und er stellte unter Beweis, warum er diese Joker-Rolle nach wie vor würdig spielen kann. Gegen den starken Sämi Fuchs kam er zwar nicht über einen relativ knappen 3:1 Punktesieg hinaus, doch mit diesem Sieg sorgte Feyer dafür, dass die Statistik des Abends auch einen klaren "Sieg" der RS Sense enthält: Bei sechs der zehn Duelle wurde ein Sensler Arm in Richtung Hallendach gestreckt. Da jedoch bei allen vier Brunner Siegen auch die Augen der Sensler Akteure gegen eben dieses Hallendach gerichtet waren - sprich durch Schulterniederlagen und damit je 4:0 Mannschaftspunkte - verloren wurden, war an der 16:21 Niederlage nichts zu ändern.

Die Enttäuschung muss dem Stolz weichen und die kommenden Aufgaben in den Rangierungskämpfen mit der West-Gruppe erfordern volle Konzentration

Das die RS Sense im Jahr des Generationenwechsels am letzten Kampftag als Tabellenführer auf die Matte dritt, damit konnte vor Beginn der Saison niemand rechnen. Eine aussergewöhnliche und sensationelle Mannschaftsleistung, getragen von Einzelakteuren, die vielfach eine unglaublich konstante Leistung auf hohem Niveau gebracht haben. Punktgleich mit den beiden ersten der Tabelle abzuschliessen, spricht für sich. Und doch wird es einige Tage dauern, bis die Enttäuschung darüber dem Stolz über das Geleistet weichen wird. Die neutralen Beobachter sind sich alle einig: Mit dieser RS Sense ist in den nächsten Begegnungen in den Rangierungskämpfen, aber auch in den nächsten Jahren zu rechnen. Die Qualifikation um den weiteren Kampf um eine Medaille wäre jedoch auch schon in diesem Jahr mehr als verdient gewesen.

 

Als dritter der WINFORCE Challenge League Gruppe Ost steht das nächste Duell nun gegen den vierten aus der West-Gruppe an. Das ist nach dem heutigen Kampfabend die Ringerriege Tuggen, die aus sechs Begegnungen nur einen Sieg erringen konnte. Bei einem Sieg geht es dann in den Platzierungskämpfen um den 5. und 6. Rang gegen den NRC Thalheim oder den RRTV Weinfelden, die zuvor noch den Sieger unter sich ausmachen müssen.

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